Die Ausstellung „48 Stunden Nowosibirsk“ in der Galerie im Saalbau zeigt Arbeiten von fünf Künstler:innen beziehungsweise künstlerischen Kollektiven aus Sibirien. Sie ist ein Gastbeitrag des gleichnamigen Festivals, einem vom Auswärtigen Amt geförderten Projekt des Goethe Instituts und einer Reihe von Partnern aus Nowosibirsk in Kooperation mit dem Festival „48 Stunden Neukölln“. Nachdem Neuköllner Künstler:innen am Nowosibirsker Festival teilgenommen haben, erfolgt nun das Rückspiel.
„48 Stunden Nowosibirsk“ (48hNSK) ist ein dezentrales und partizipatives Festival für zeitgenössische Kunst, das bisher zwei Mal mit zuletzt mehr als dreihundert Künstler:innen an mehr als vierzig Orten in Russlands drittgrößter Stadt durchgeführt wurde. Das Projekt bietet der lokalen Szene Nowosibirsks eine Plattform und vernetzt sie mit Akteur:innen aus Deutschland, um der Marginalisierung der zeitgenössischen Kunst, die in Russland oft als degeneriert diffamiert wird, entgegenzuwirken. Konzeptuell ist das sibirische Festival eine ortsspezifische Adaption des Berliner Festivals „48 Stunden Neukölln“, das seit mehr als zwanzig Jahren erfolgreich eine in der freien Szene verwurzelte Bottom up Strategie verfolgt. Ansätze dieser Art sind in Russland, wo künstlerische Freiräume gerade an großen Institutionen seit Jahren beschnitten werden und nunmehr kaum noch existieren, besonders relevant. Selbstorganisierte Initiativen sind letzte, prekäre Bastionen kritischer Diskurse und Praktiken.
Als Showcase des sibirischen Festivals, das zuletzt 2021 stattfand und dem Thema „survival bias“ gewidmet war, beschäftigt sich die Ausstellung mit Fragen des Überlebens. Es werden Arbeiten gezeigt, die in Russland zum Teil nur zensiert oder diskret an subkulturellen Orten präsentiert werden konnten. Zusammen zeichnen sie ein vielseitiges Bild der Unterdrückung und des Gegendrucks – Momentaufnahmen aus der Zeit vor dem Krieg, die aus heutiger Sicht auch dessen Vorbedingungen beleuchten.
Es steht zu befürchten, dass das Festival „48 Stunden Nowosibirsk“ auf absehbare Zeit die letzte große Veranstaltung der nun existenziell bedrohten freien Szene war. Exilprojekte wie diese Ausstellung gewinnen daher an Bedeutung – auch als Erinnerung an die deutsche Öffentlichkeit, dass es ein anderes Russland gibt, fernab des Kremls.
(An dem Summer Mutations Lab, das eine der künstlerischen Positionen in der Ausstellung produziert hat, waren die folgenden Personen beteiligt: Tsaplya Olga Egorova, Nina Gasteva, Oxana Timofeeva und Dimitry Vilensky vom Kollektiv Chto Delat sowie Angelina Burliuk, Sasha Antimonov, Nastya Ermish, Mitje Glavanakov, Misha Grishechkin, Nadya Maskina, Sergey Vasilyev und Alina Yusupova)